Zum Fest des hl. Christopherus, Christenlehre, am 25. Juli 1942

 

Da lebte vor langer, langer Zeit in PalŠstina ein Mann. Der war lang wie ein Baum und stark wie zwanzig Bauernknechte. Ein Hufeisen zerbrach er lachend zwischen den Fingern, als wŠre es ein StŸck Holz, und einen Ochsenkarren hob er mitsamt den Ochsen aus dem Graben.

Der Riese hatte sich vorgenommen, nur dem mŠchtigsten Herrn auf der ganzen Erde zu dienen. So zog er denn von Land zu Land, um einen Kšnig zu finden, der sich vor keinem fŸrchtete. Aber er fand keinen. Jeder Kšnig und Kaiser fŸrchtete sich vor irgendeinem anderen, der noch stŠrker und mŠchtiger war als er.

Wenn der Riese dann aber zu dem andern hinwanderte, sah er wieder, dass auch er sich vor einem noch stŠrkeren fŸrchtete. Und einmal traf er einen Kšnig, der sich wirklich vor keinem andern Kšnig fŸrchtete, aber der hatte Angst vor Geistern und Gespenstern.

Da begegnete der Riese eines Tages dem Teufel; denn damals kam es noch vor, dass zuweilen der Teufel leibhaftig auf Erden erschien. Der Riese und der Teufel kamen nun miteinander ins GesprŠch und der Riese erzŠhlte dem Teufel, er sei auf der Suche nach dem stŠrksten Herrn der Welt, nach einem, der sich vor keinem andern fŸrchte. Dem allein wolle er dienen. Da bist du ja gerade zum Rechten gekommen, sagte der Teufel, der mŠchtigste Herr der Welt bin ich. Ich fŸrchte mich vor keinem. Wenn das stimmt, will ich dir mein Leben lang dienen, sagte der Riese. Und  mit seinem eigenen Blut unterschrieb der Riese diesen Vertrag mit dem Teufel. Dann wanderten die zwei zusammen weiter durch die Welt. Sie wanderten durch viele LŠnder und kamen an viele Kšnigshšfe. †berall aber sah der Riese, dass gar viele, viele Menschen vor dem Teufel den RŸcken tief verbeugten und sogar FŸrsten und Kšnige dienten ihm in Furcht und Zittern.

ãEr ist wirklich der mŠchtigste Herr der WeltÒ, dachte sich der Riese. Eines Tages kamen die beiden auf ihrer Wanderschaft an ein hšlzernes Kreuz, das am Wege stand. Der Riese ging daran vorŸber, ohne sich etwas dabei zu denken, weil er als Heide den ans Kreuz genagelten Heiland noch nicht kannte. Der Teufel aber begann plštzlich zu zittern und vor Angst ganz furchtbar zu schwitzen. Dann aber riss er mit einem Male aus und rannte querfeldein, so schnell er nur konnte.

Vor dem Tor der Stadt, auf welche die Stra§e zuging, holte der Teufel den Riesen wieder ein, gesellte sich zu ihm und tat so, als wŠre nichts geschehen. Der Riese aber sagte: ãDu hast mich betrogen, Teufel. Du bist nicht der stŠrkste Herr auf Erden. Du fŸrchtest dich ja vor dem, der am Kreuz hŠngt. Ich kann dir nicht lŠnger dienen. Ich muss weiter suchen nach dem, der wirklich der Herr der Welt ist!Ò

Und wieder machte sich der Riese auf den Weg, um nach dem stŠrksten Herrn der Welt zu suchen.

Eines Tages kam er an eine Hšhle im Gebirge, in der ein alter Einsiedler wohnte. Vor der Hšhle entdeckte er das gleiche Zeichen, vor dem der Teufel geflohen war. – Der wird mir Auskunft geben kšnnen, was es mit diesem Bild auf sich hat, dachte der Riese und erzŠhlte dem Einsiedler all seine Erlebnisse.

ãDa bist du endlich auf der rechten SpurÒ, sagte der fromme Mann zum Riesen. ãDer hšchste und mŠchtigste Kšnig, vor dem Himmel und Erde ihr knie beugen, ist Jesus Christus, der gekreuzigte!Ò Dann begann der Einsiedler dem Riesen, der bis dahin als Heide von Christus noch gar nichts gewusst hatte, vom gšttlichen Heiland zu erzŠhlen und immer mehr verlangte der Riese danach, diesem Herrn, der wirklich der mŠchtigste Herr der Welt ist, in Zukunft zu dienen.

ãWie aber soll ich das anstellen?Ò fragte der Riese den Einsiedler. ãDa musst du viel fasten und viel beten, so wie ich es tue!Ò So riet der Einsiedler dem Riesen. Da machte der Einsiedler ein trauriges Gesicht und sagte: ãDas Fasten vertrag ich nicht. Mein Magen ist so gro§, da muss immer etwas hinein. Und ob ich das Beten so lerne wie du, das wei§ ich nicht. Kannst du mir nicht etwas anderes raten?Ò

Gut, sagte der fromme Mann, so diene dem  Heiland, dem hšchsten Herrn des Himmels und der Erde durch Werke der Barmherzigkeit und der NŠchstenliebe!  Schau, dort drŸben ist ein Fluss, Ÿber den man keine BrŸcke bauen kann. Man hat es schon oft versucht, aber jedes Mal wenn es FrŸhling wurde, hat das Hochwasser die BrŸcke wieder weggerissen. Die Leute, die von einem Ufer zum anderen wollen, mŸssen also durch den Fluss waten. Aber bei der rei§enden Stršmung ist schon gar mancher ums Leben gekommen. Du aber bist gro§ und stark! Dir wird es nicht schwer fallen, die Leute Ÿber den Fluss zu tragen. Dadurch wirst du dem hšchsten Kšnig, dem gšttlichen Heiland dienen, weil der Heiland gesagt hat: was ihr dem geringsten meiner BrŸder tut, das ist, als ob ihr es mir selber getan hŠttet!

Ja, das will ich gerne tun! sagte der Riese freudig.

Dann lief er in den Wald, riss einen jungen Eichbaum aus dem Boden. So, der ist gerade recht fŸr mich als stock. Dann ging er zum Fluss hinunter und pfiff dabei ein Lied vor lauter Freude, dass er nun dem hšchsten Herrn der Welt dienen kšnne.

Und wie er zum Flussufer hinkam, stand am Ufer schon ein alter Mann mit einem langen Bart, der ans andere Flussufer hinŸber wollte. Der Mann stŸlpte gerade seine Hose hinauf und machte sich daran, hinŸber zu waten. Wart ein bisschen, sagte der Riese, nahm das alte MŠnnlein, schwups di wups, sa§ das MŠnnlein auf den Schultern des Riesen und mit ein paar mŠchtigen Schritten ging der Riese durch den Fluss ans andere Ufer  hinŸber. Schwups di wups, und schon stand das MŠnnlein wieder auf der Erde. Einen dank nahm der Riese gar nicht an.

So ging das viele Wochen und Monate. TŠglich trug der Riese viele Leute, MŠnner, Frauen und Kinder, Ÿber den Fluss und alle waren froh, dass sie nun trocken und ohne alle Gefahr das gefŠhrliche Wasser Ÿberqueren konnten.

Opherus nannten die Leute bald den Riesen, das hei§t auf Deutsch, der ãTrŠgerÒ.

Eines Tages geschah nun etwas ganz MerkwŸrdiges: Da stand ein kleiner Knabe am anderen Ufer und rief: Opherus, Opherus, komm, trag mich hinŸber! Bin gleich da, kleiner Mann, lachte der Riese und watete durch das Wasser, um den kleinen Knaben abzuholen.

ãIch bin aber sehr schwerÒ, lŠchelte der Knabe, der so schšn und holdselig anzuschauen war, wie Opherus in seinem ganzen Leben noch keinen gesehen hatte. Du bist so spielend leicht fŸr mich, wie eine kleine Vogelfeder, sagte der Riese und schwang den Knaben auf seine Schultern. Und dann stieg er in die Fluten des Wassers.

Aber was war das? Immer hšher rauschte das Wasser auf und immer schwerer wurde dem Riesen die Last, die er auf seiner Schulter trug. Er begann zu keuchen und zu stšhnen vor lauter schwer und der Schwei§ rann in gro§en Perlen ins Wasser hinab. Und so fest musste er sich auf seinen Eichbaum stŸtzen, dass dieser fast abbrach. Immer noch schwerer und immer noch schwerer wurde der Knabe auf der Schulter des Riesen Opherus. Und Opherus konnte sich nicht denken, woher das kam. War er auf einmal so schwach geworden. Oder war der Knabe wirklich so schwer?

Endlich, endlich kamen die beiden am anderen Ufer an. Mit letzter Kraft setzte der Riese den Knaben ans Land. Dann aber starrte er ihn mit gro§en Augen an und sagte keuchend und zitternd: Wer bist du denn, mein Kind? Es ist mir doch vorgekommen, wie wenn ich die ganze Welt auf meinen Schultern tragen mŸsste! So schwer bist du mir geworden! Da antwortete das Kind ganz langsam und feierlich: Opherus, mehr als die Welt hast du getragen! Du hast den getragen, der Himmel und Erde erschaffen hat. Ich bin Jesus Christus selber, dem du durch deine Liebe und Hilfsbereitschaft dienst. Zum Lohn dafŸr hast du heute mich selber tragen dŸrfen. Und alle deine frŸheren SŸnden sollen dir verziehen sein und fortan sollst du nicht mehr Opherus (TrŠger) hei§en, sondern Christopherus, ChristustrŠger, weil du Christus durch den Fluss getragen hast. Und noch eins will ich dir sagen: Bewahre fortan immer dein Herz rein von jeder schweren SŸnde, dann wirst du Christus immer im Herzen tragen!

Da leuchteten die Augen des Riesen hell auf und froh sagte er: Ja, ich will mich vor jeder SŸnde hŸten, um dich, Christkind immer in meinem Herzen zu tragen! Und mein ganzes Leben lang will ich dir in Treue dienen.Ò

Da sagte der Jesusknabe zu Christopherus: Christopherus, ich habe noch einen anderen Auftrag fŸr dich: Schau, so viele tausend Menschen gibt es noch, die nichts wissen von Christus und vom christlichen Glauben und die immer noch den Gštzen und dem Teufel dienen, dem du auch einmal gedient hast. Du sollst nun in die Welt hinausziehen und allen heidnischen Všlkern die Botschaft von Christus verkŸnden. Denn alle Menschen brauchen meine Liebe und meine Gnade und den Glauben an mich. Denn ohne Glauben kann niemand selig werden!

Und wie der Jesusknabe das gesagt hatte, war er verschwunden.

Christopherus machte sich auf und ging in das Land Syrien (- also in das gleiche Land, in welchem der Michl aus dem Zillertal, der selige P. Engelbert Kolland als Missionar nach vielen hundert Jahren wirken und sterben sollte - ) und predigte Ÿberall das Evangelium, so wie es der Einsiedler ihn gelehrt hatte, in jedem Dorf und in jeder Stadt. Und viele, viele Menschen glaubten ihm und lie§en sich von Christopherus taufen.

Damals aber lebte in Rom ein bšser, heidnischer Kaiser, namens Decius. Als der von den vielen Bekehrungen und Taufen in Syrien hšrte, da wurde er sehr zornig. Er sandte seine Soldaten aus, um den Riesen Christopherus gefangen zu nehmen.

Und Christopherus lie§ sich ruhig fesseln und gefangen vor den Kaiser bringen. Es machte ihm nichts. Er freute sich, dass er jetzt fŸr Christus sein Blut vergie§en durfte.

Und als der Kaiser den Christopherus sah, dachte er sich: Einen so gro§en, starken Kerl kšnnte ich gut unter meinen Soldaten brauchen. Und so sagte er zu Christopherus: Christopherus, fall ab vom Glauben, dann soll dir nichts geschehen, im Gegenteil, du sollst in meiner Leibgarde ein hoher Offizier werden!

Was fŠllt dir ein, Kaiser Decius, sagte Christopherus darauf. Ich wei§ ganz genau, wer der mŠchtigste Herr im Himmel und auf Erden ist. Und nur dem diene ich. Du kannst mir zwar das irdische Leben rauben. Aber das macht mir nichts. Von Christus lass ich mich nicht trennen: Christus ist mein Kšnig, dir allein, schwšr ich die Liebe, stark und rein, bis in den Tod die Treue! Nur Christus diene ich und nicht dir und nicht deinen heidnischen Gštzen!

Da wurde der Kaiser sehr zornig. Er befahl, Christopherus auf die grausamste Art zu martern und zu quŠlen. Aber Christopherus lachte nur darŸber. Er wusste, diese Schmerzen und Qualen sind nur kurz, dann aber kommt fŸr die, die Christus treu geblieben sind, der Himmel n der dauert ewig. Und so froh und so glŸcklich war Christopherus, wŠhrend er von den Soldaten gepeinigt wurde, dass sich 40 von den Soldaten, die dabeistanden, auf der Stelle bekehrten und an Christus glaubten.

Da lie§ der Kaiser, rasend vor Zorn, Christopherus enthaupten.

So ist der Riese mit dem Eichbaum ein Heiliger geworden und einer der berŸhmtesten MŠrtyrer unserer heiligen Kirche. Und heute feiern wir sein Fest.

Bitten wir da heute den hl. Christopherus, dass er uns hilft, dass wir auch immer dem Heiland treu bleiben und nur ihm dienen und nicht den heidnischen Gštzen, wie immer sie hei§en mšgen und nicht dem Teufel und der SŸnde.

Und das wichtigste: wir alle mŸssen auch ein Christopherus, ein ChristustrŠger sein. Schaut, seit der ersten hl. Kommunion tragen wir wirklich den lieben Heiland, Jesus Christus in unserem Herzen. HŸten wir uns vor jeder schweren SŸnde, durch die wir den Heiland aus unserem Herzen vertreiben wŸrden. Und nehmen wir den Heiland recht oft in unser Herz auf, damit wir immer brave reine, fromme Menschen bleiben. Das muss unser Vorsatz sein: Ein jeder von uns ein Christopherus!